Porträt

Schallplatten und dem Glück auf der Spur

Waerchbrogg Quai4 Restaurant Karin Jehle

Karin Jehle arbeitet im Restaurant Quai4 als Restaura­tionsfachfrau. Offen und engagiert, kommunikativ und respektvoll begegnet sie ihrem Umfeld. Kraft tankt sie bei ihrem Partner und in der gemeinsamen Leidenschaft – dem Schallplattensammeln.

nh. Wer weiss, wie alles gekommen wäre, hätte die US-Immigration Karin Jehle 1987 nicht wieder zurück nach Hause ins österreichische Kärnten geschickt. «Schicksal war das, dass sie mein Visum nicht akzeptiert haben, aber auch Fügung», schmunzelt die 52-Jährige heute. Damals brachte es ihre berufliche Planung ziemlich durcheinander. Gerade hatte sie ihre Ausbildung als Köchin und Servicefachfrau abgeschlossen und wollte als Au-pair Englisch lernen. Daraus wurde nichts, dennoch zog sie westwärts – nach Liechtenstein. Hier gründete sie später eine Familie, arbeitete als Servicefachfrau und erlangte das Wirtepatent. Auf ihre drei inzwischen erwachsenen Kinder, zwei Töchter und einen Sohn, ist sie sehr stolz. Nach 26 Ehejahren wagte Karin Jehle einen Neuanfang. Sie fand einen neuen Partner – in Luzern. Diese Beziehung gibt ihr viel Kraft, genauso wie der herzliche Umgang mit ihren Kindern in Liechtenstein. Ihr Partner war es auch, der sie dazu motivierte, sich bei der Wärchbrogg zu bewerben, «und es war das Beste, was ich tun konnte. Ich stehe voll hinter meiner Aufgabe, die Mitarbeitenden sind mir ans Herz gewachsen.» In Zeiten, in denen sie ihre Freundin und ihre Familie vermisst, fühlt sie sich getragen. «Wenn die Mitarbeitenden am Abend sagen: ‹Bis morgen, Karin, i freu mi!›, dann geht mir schon das Herz auf!»

Offenheit und Ehrlichkeit

Obwohl Karin Jehle ein lebensfroher und positiver Mensch ist, hat sie erfahren, wie sich die Schattenseiten des Lebens anfühlen. Nach einer schweren Depression erkämpfte sie sich ihre Lebensfreude wieder. Sie sagt: «All die Erfahrungen, das Überwinden dieser Krankheit helfen mir, die beeinträchtigten Mitarbeitenden, die ich unterstütze und begleite, richtig zu verstehen.» Es sei wichtig, sich für sie einzusetzen, auch nach aussen hin. Grossen Wert legt Karin ­Jehle auf ein offenes Ohr, Respekt füreinander und vor allem auf Ehrlichkeit und das einander Ernstnehmen.

«Vinyllehrling»

In Kriens, wo sie seit 2016 mit ihrem Partner wohnt, hat sie eine neue Welt entdeckt: In der Wohnung gibt es einen «Plattenraum», gefüllt mit rund 7000 Schallplatten, die während 40 Jahren gesammelt wurden. «Ich war von Anfang an fasziniert von der Sammelleidenschaft meines Partners, die mich angesteckt hat. Vor allem habe ich entdeckt, dass mir Hardrock und Heavy Metal gefallen!» Inzwischen betreibt sie mit ihrem Partner hobby­mässig eine Website, auf der sie Schallplatten (inter)national vertreiben – wie kürzlich nach Japan oder ein Beatles-Buch nach Chile. Die Schallplatten werden professionell in einer Spezial-Waschmaschine gereinigt und danach sorgfältig verpackt. So schaffe man sich einen guten Ruf in Sammlerkreisen, weiss Karin Jehle. «Oft sind wir auch an den einschlägigen Sammlerbörsen unterwegs. Man ist wie eine grosse Familie und freut sich über Trouvaillen.» Sie setzt sich intensiv mit der Kunst des Schallplattensammelns auseinander, lernt immer wieder Neues dazu – ein «Vinyllehrling» eben, wie sie liebevoll von ihrem Partner genannt wird. Es ist in der Tat eine ganze Philosophie, die es zu beachten gilt, will man wirklich wertvolle Schallplatten und Singles erstehen. Da geht es um Erstpressungen, Auflagezahlen, Erscheinungsjahr, Labels und vor allem um den Zustand. Ist eine Schallplatte in sehr gutem Zustand, erhält sie das Prädikat «Mint». Karin Jehle ist stolz, dass sie einige «Mint»-Platten besitzen und hat langsam ein Auge dafür. Gerne stöbert sie in Brockenhäusern und auf Flohmärkten, wo sie selber auch ab und zu verkauft.

Leben und Geniessen

Am See zu leben, empfindet sie als grosses Glück. Sie geniesst den Vierwaldstättersee und die Umgebung. Täglich radelt sie von Kriens an den Alpenquai. «Man muss die Augen offen haben, für alles, was einen Schönes umgibt! Ich habe Glück», sagt sie. Glück, Schicksal oder Fügung? Die Amerika-Anekdote jedenfalls findet Jahrzehnte später doch noch ein Happy End. Karin Jehles jüngere Tocher beginnt im Herbst in den USA ein Praktikum – mit gültigem Visum, versteht sich. Und um ihre Tochter zu besuchen, setzt Karin Jehle alles daran, diesmal einreisen zu können.

Für Interessierte: www.camporesi-records.ch

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