Ab Mitte September 2020 stellt das Restaurant Quai4 in Luzern sein Angebot und seinen Betrieb vollständig auf Bio um, man strebt das Knospenlabel von Bio Suisse an. Damit übernimmt die Wärchbrogg mit dem Quai4 einmal mehr eine Pionierrolle als erstes Knospenrestaurant in Luzern. Wie es dazu kam und was dies alles mit sich bringt, erläutert Küchenchef Antoine Käslin im Gespräch.
Antoine Käslin, wie kam es zum Entscheid, im Restaurant Quai4 auf Knospenbetrieb umzustellen?
Die Wärchbrogg pflegt seit jeher Werte wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Regionalität, Saisonalität. Anfang 2020 haben wir das interne Projekt «Volldampf voraus» gestartet und Ideen gesammelt. Wir haben uns gefragt: Worauf können wir im Restaurant Quai4 bzw. überhaupt bei der Marke Quai4, zu der noch zwei Einkaufsmärkte und das Bistro Quai4 gehören, stärker fokussieren? Ziel war es, uns stärker von der Konkurrenz abzuheben und ein Alleinstellungsmerkmal zu definieren, das zu uns passt. Sämtliche Mitarbeitende und Fachpersonen beteiligten sich an der Ideensuche. Stärker auf bio setzen, regional und lokal waren die überzeugendsten Begriffe. Wir haben recherchiert, analysiert und nach sorgfältigem Abwägen mit der Geschäftsleitung entschieden, das Restaurant Quai4 auf einen Knospebetrieb umzustellen.
Ein hohes Ziel: Das Knospelabel von Bio Suisse ist eines der strengsten Schweizer Labels in Sachen Nachhaltigkeit. Warum ein so ambitioniertes Zertifikat?
Das Label ist kompatibel für den Quai4, weil wir uns mit den anspruchsvollen Vorgaben durch und durch identifizieren. Ausserdem ist Bio Suisse ein bestens bekanntes Zertifikat, vielen Menschen ist das Logo mit der weissen Knospe vertraut. Und wenn wir nun also etwas verändern, dann richtig. Bio Suisse bedeutet nicht nur, Bioprodukte einzukaufen, anzubieten und entsprechend zu verarbeiten, es bedeutet auch, eine entsprechende Unternehmenskultur zu pflegen. Für uns heisst das: regional, sozial, biologisch. Das Label vereint vieles, wofür die Wärchbrogg und Quai4 stehen: für einen achtsamen Umgang mit Menschen, der Umwelt, mit Ressourcen und Produkten einzustehen. Und dadurch, dass wir im Team diesen Entscheid gefällt haben, tragen ihn alle mit und sind motiviert, sich dafür einzusetzen.
Die Partner spielen eine wichtige Rolle. Worauf ist hier zu achten?
Wesentlich sind die engen Kontakte und die Synergien mit unseren regionalen Lieferanten, allesamt zertifizierte Betriebe. Wir arbeiten unter anderem mit Gmües Mattli in Kastanienbaum, dem Ueli-Hof und der JVA Wauwilermoos zusammen, Betriebe, die jährlich kontrolliert werden und die uns Gemüse und Fleisch in Knospenqualität liefern. Wesentlich ist, dass wir eine persönliche Kommunikation pflegen und so Bestellungen passgenau aufgeben können. Wir richten unsere Menüs saisonal aus und dadurch ist es wichtig zu wissen, was der Gemüsebauer anbaut. Umgekehrt kann es auch sein, dass wir anfragen, ob er für uns ein bestimmtes Gemüse anbauen kann. Auch beim Fleisch achten wir darauf, was uns der Lieferant anbieten kann. So können wir unsere Menüs darauf ausrichten, dass wir möglichst viel vom Tier, also auch günstigere Stücke, verwerten können, was sich in der Preisgestaltung niederschlägt. Das Wichtigste aber ist, dass wir durch all dies auf eine hohe Qualität der Produkte zählen können und nachvollziehbar machen, woher sie stammen.
Was bedeutet die Umstellung konkret für den Betrieb im Restaurant Quai4, welche Vorbereitungen und Massnahmen stehen an?
Das Bio-Suisse-Label gibt vor, dass 100 Prozent biologisch einkaufte Produkte verwendet werden müssen in einer Knospenküche; 70 Prozent davon müssen Bioqualität ausweisen, rund 50 Prozent Knospenqualität. 30 Prozent, Produkte wie Salz, die natürlich sind, bedürfen keiner ausgewiesenen Bioqualität. Wir kaufen seit Anfang Juni nur noch biologische Produkte ein. Das bedeutet, dass wir teilweise neue Lieferanten finden und uns an neue Liefertermine gewöhnen müssen. Alle bisherigen konventionellen Nahrungsmittel verwerten wir derzeit oder verkaufen sie. Wir haben inklusive Gemüse, Fleisch, Gewürze und allem, was es in einer professionellen Küche braucht, immer ungefähr 300 Produkte verfügbar. Für 295 haben wir inzwischen entsprechende Lieferanten gefunden, für fünf Produkte suchen wir noch jemand geeigneten. Wir möchten zwar möglichst biologisch und regional einkaufen. Trotzdem finden auch einmal eine Zitrone oder eine Ananas aus fairem und biologischen Handel und Anbau Platz auf der Speisekarte. Wo immer es jedoch geht, suchen wir regionale Hersteller aus der Zentralschweiz.
Ziehen die übrigen drei Quai4-Betriebe – die Einkaufsmärkte und das Bistro – mit?
Vorläufig ist die Umstellung nur für das Restaurant geplant. Wir beobachten, wie sich alles entwickelt, und wie wir uns kontinuierlich verbessern können. In den Quai4-Märkten kauft man bereits heute vorwiegend Bioprodukte ein, und die Nachhaltigkeit zeigt sich im Offenverkauf. Durch die Umstellung im Restaurant profitieren die Kundinnen und Kunden in den drei übrigen Quai4-Betrieben jedoch zusätzlich, beispielsweise von den Frischwaren wie Sandwiches, Müesli usw., da wir diese im Restaurant täglich frisch und in Knospenqualität herstellen.
Welches sind die grössten Herausforderungen, die es nun zu bewältigen gibt?
Passende einheimische Lieferanten zu finden, die die Standards erfüllen, ist eine grosse Herausforderung. Ausserdem krempeln wir parallel zum laufenden Betrieb ein funktionierendes System vollständig um. Das erfordert eine sorgfältige Planung und viel Denkarbeit. Wichtig ist uns dabei, dass die Umstellung unsere eigene Haltung abbildet: Wir leben Nachhaltigkeit und dafür nehmen wir diesen Aufwand gerne in Kauf. Wir sind überzeugt davon.
Wie gelingt es, für die hochwertigen Produkte und Menüs moderate Preise zu gestalten?
Eigentlich ist die Zeit, um sich mit dieser herausfordernden Umstellung und unserem Umgang mit Lebensmitteln und Essen auseinanderzusetzen, das Teuerste. Genau diese Zeit braucht es jedoch, um seriös zu planen und kreativ zu sein. Wir stellen vieles selber her, zum Beispiel Saucen, Gewürze, Süssspeisen, Brötchen für unsere beliebten Burger. Uns ist es ein Anliegen, auf bewährte Methoden zu setzen, um möglichst vieles haltbar zu machen ohne Konservierungsstoffe. Wir machen Gemüse ein, fermentieren, pökeln Fleisch usw. Dadurch können wir langfristig auf diese Vorräte zugreifen, was wiederum einiges verbilligt. Beim Einkauf von Gemüse und Fleisch sind eine genaue Planung und Abstimmung unabdingbar, um Kosten einzusparen. Gerade beim Fleisch achten wir darauf, auch so genannte Special oder Second Cuts, einzukaufen, was eine günstigere und geschmackvolle Alternative zu Filet usw. ist. Dafür investieren wir Zeit und legen viel Wert auf eine schmackhafte Zubereitung. Unsere Küche soll frisch und qualitativ hochwertig sein.
Was verleiht Ihnen die Zuversicht, dass dieses Grossprojekt eine Erfolgsgeschichte wird?
Viele Menschen interessieren sich heute dafür, woher die Nahrungsmittel kommen. Sie wollen wissen, was sie essen, wie etwas hergestellt und verarbeitet wurde. Sie sind kritisch und das ist gut. Die aktuellen Debatten rund ums Klima, aber auch die Coronakrise und gesundheitliche Fragen haben zusätzlich gezeigt, dass ein Umdenken in Teilen der Bevölkerung stattfindet. Wir stellen diesen Trend auch bei unseren Gästen im Restaurant und bei den Kunden im Quai4-Markt fest. Bei Bankettanfragen kommt es öfter vor, dass explizit Bioqualität gewünscht wird. Am Mittagsbuffet haben wir Stammkunden, die nur Biologisches essen. In den Quai4-Märkten kaufen Menschen ein, die ebenfalls auf Herstellungsart, Region, Saisonalität und Nachhaltigkeit Wert legen. Diese Zielgruppe soll künftig auch im Restaurant ein adäquates Menüangebot vorfinden.
Zum Schluss: Wie erklären Sie einem Gast in aller Kürze, was ihn künftig im Restaurant Quai4 erwartet?
Ich würde es so auf den Punkt bringen: ganzheitliches, nachhaltiges Essen. Mit dem Knospelabel von Bio Suisse hat der Gast eine Qualitätsgarantie. Und: In der Schweiz gibt es bislang erst elf Knosperestaurants (www.knospehof.ch). Dass das Restaurant Quai4 bald auch dazugehört und das erste in Luzern ist, macht uns stolz. Wir setzen alles daran, unsere Gäste mit frischen, nachhaltigen und natürlich feinen Menüs zu verwöhnen.
Interview: Nicole Habermacher, Punkto Textbüro